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Linke Parteien im Vergleich

In genau drei Tagen findet die Bundestagswahl 2021 statt. Es gibt eine Vielzahl an zugelassenen Parteien, insgesamt 47 Stück, und dabei sind natürlich die großen aktuellen im Bundestag Vertretenen, aber auch 16 komplett neu antretende wie dieBasis, Volt oder der SSW. Ebenso treten auch etablierte Kleinparteien wie die Piraten, MLPD, die Partei oder die DKP, auch wenn versucht wurde Letztere daran zu behindern (wir haben damals doppelt darüber berichtet, einmal über die Zulassung und das Parteiverbot, siehe hier und hier).

Die große Frage, die sich alle Wahlberechtigten nun stellen: Wen soll ich überhaupt wählen? Laut einer aktuellen Umfrage (s. hier) wissen rund 40 Prozent nicht, welche Parteien sie wählen wollen. Insgesamt geben 56 Prozent an, keine Partei gibt für sie “ein gutes Bild ab”.
Parteien, die für Linksgesinnte vermutlich eher in die Auswahl kommen, sind die Grünen, die SPD, die Linke, die MLPD, die DKP, die Urbane und die SGP. Doch was spricht für die einzelnen Parteien, und was spricht ganz klar dagegen? Wir werden auf alle sieben eingehen.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zogen teilweise 1983 erstmals als die Grünen in den Bundestag, 1990 verpassten sie und Bündnis 90, also einmal die West- und Ostpartei, den Einzug in den Bundestag, bis sie sich 1993 fusionierten und 1994 wieder in den Bundestag einzogen. Sie bildete bundesweit die Regierung von 1998 bis 2005 gemeinsam mit der SPD. Während sie regierte, kam es zu vielen kritischen Aktionen, wie die Außenpolitik, als Deutschland am Kosovo- und Afghanistankrieg teilnahm, oder auch Hartz-IV. Aktuell hat die Partei ein Umfragehoch, besonders durch ihr Hauptthema: Klimaschutz. Doch auch aktuell gibt es Kritik. Die Grünen und die SPD stellen sich auf eine rot-rot-grüne Regierung ein, doch fordern von der Linken eine Vielzahl an Zielen, teilweise auch im Sektor des Sozialen, zu reduzieren. Auch hatte die Partei allein in dem Jahr 2021 zehn Spenden im Wert von über je 50.000€, insgesamt sind es fast 3,4 Millionen Euro!

Sozialdemokratische Partei Deutschlands ist die zweite Partei mit mehr als 15 % der Stimmen in den aktuellen Umfragen auf unserer Liste. Sehen wir von den “uralten” Parteiskandalen aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg ab (bspw. Niederschlagung des Spartakusaufstandes und der Münchener Räterepublik durch rechte Freikorps sowie Mord an R. Luxemburg und K. Liebknecht) und fokussieren wir uns mehr auf die Nachkriegszeit sowie das 21. Jahrhundert. In Ostdeutschland war die SPD Teil der SED, wobei dies nicht aus freiem Wille der SPD geschah, in Westdeutschland war sie bis 1966 Teil der Opposition im Bundestag. Ab 1966 bis 1982 regierte sie erst eine Periode mit der CDU, dann zwei Perioden mit der FDP. In der Zeit der Großen Koalition zeigte sich, wie auch in der aktuellen GroKo immer wieder ihr “Kuscheln” mit der CDU, was die Umsetzung wirklich sozialer Ziele stets verhinderte und zu einer Stärkung der außerparlamentarischen sozialistischen Bewegung führte. Mit der FDP aber unter Führung der SPD, kam es zum sogenannten “Aufbruch”, welche konträr zur ehemaligen konservativen Politik war und Bewegung in die BRD brachte. Es kam zum Kniefall von Willy Brandt und mehr Gesprächen mit dem Ostblock, aber auch dem harten Vorgehen gegen Linke, verursacht durch die Terrororganisation RAF. 1982 kündigte die FDP die Koalition auf, und die SPD begab sich wieder in die Opposition, wo sie bis 1998 blieb. Dann kam die Zeit der Rot-Grün-Koalition, auf die wir bereits bei den Grünen eingegangen sind. Nach Rot-Grün war die SPD erst wieder in einer GroKo, dann in der Opposition und anschließend zwei Perioden in der GroKo. Unter dieser kam es immer wieder zu Streit zwischen den beiden Fraktionen und wie auch bei der ersten GroKo eher nur zu schlechten Einigungen und einiger Skandale. Besonders Scholz, aktueller Bundestagskandidat und Vizekanzler, hat etwa den CumEx-Skandal in der Tasche (Betrug des deutschen Staates um fast 32 Milliarden Euro), Wirecard (nicht existente zwei Milliarden Euro wurden nicht angegeben), einen verfassungswidrigen Brechmitteleinsatz mit Todesfolge sowie klarem Verstoß gegen das Menschenrecht und Repression gegen linke Demonstranten bei G20. Parteispenden hat die SPD hingegen dieses Jahr “nur” 175.000€ bekommen, wobei hier nur Summen ab 50 Tausend Euro zählen, und es nur offiziell angegebene Spenden an die Partei sind. Angesichts der Skandale kann man sich da vermutlich vieles denken.

DIE LINKE ist die letzte der drei linkeren Parteien, die im Bundestag vertreten ist. Sie bestand im Osten erst als SED, nach der Wende als Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) und im Westen als Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit (WASG). Diese beiden Parteien schlossen sich 2007 endgültig zusammen, die Jahre davor arbeiten sie bereits enger zusammen und konkurrierten teilweise nicht untereinander. Seit der Wiedervereinigung war die Linke nie an einer bundesweiten Regierung beteiligt, aber in einigen Länderregierungen. In Mecklenburg-Vorpommern, Berlin und Brandenburg waren sie gemeinsam mit der SPD an der Macht, in Thüringen, Berlin und Bremen regieren sie aktuell mit einem R2G Bündnis, also mit der SPD und den Grünen. Dies ist aktuell auch das einzige Linksbündnis, was nach den Umfragen im neuen Bundestag eine Mehrheit haben würde. Doch an solch einem geplanten Bündnis gibt es viel Kritik, was die Linke noch weiter spalten könnte. Wie bei den Grünen erwähnt, wird von den beiden anderen Partnern gefordert, außenpolitische Positionen zugunsten der der bürgerlichen Parteien fallen zu lassen. Auch sehen wir in Regierungen auf Landesebene, dass die Linke als kleinster Partner einfach nicht in der Lage ist, wirklich soziale Ziele oder auch andere umzusetzen, und eher eine Legitimation für die bürgerlichen Parteien darstellt. Die Linke hat dieses Jahr nur eine Parteispende im Wert von 55.000€ erhalten.

Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands ist die größte linke Partei, die nicht im Bundestag vertreten ist, mit ca. 0,1 % aller Stimmen. Sie erhielt dieses Jahr eine Großspende in der Höhe von 100.000€ und sorgt wegen auffälligen Spenden generell für Aufsehen. 2020 enthüllte sie eine Leninstatue vor ihrer Parteizentrale und erlangte international Aufsehen. Bei Wahlen ist auffällig dass die MLPD oft kommunal sehr aktiv ist und mit örtlichen Parteien Bündnisse eingeht, und man oft gar nicht mitbekommt dass die Partei kommunistisch ist. Solche Veranstaltungen wirken meist eher wie ein Treffen zum Bier trinken und grillen.

Deutsche Kommunistische Partei ist eine weitere kommunistische Kleinpartei. Sie legt viel Wert darauf, ihr kommunistisches Weltbild stets zu zeigen, und hat eine unabhängige Jugendorganisation, die SDAJ. Sie wurde 1968 in Westdeutschland gegründet und gilt unter einigen als Nachfolgepartei der 1956 verbotenen KPD. Die DKP kooperiert stark mit der Partei die Linke, wobei es durch gemäßigte Flügel der Linken und Druck durch bürgerliche Medien oft zu Streitereien kommt. Sie erreichte bei Bundestagswahlen nie mehr als 0,3 %, und bei Landtagswahlen nicht mehr als 3,1 %. Es gibt einige Kommunen in denen sie auffällig viele Stimmen erhält, bis zu 39 % in Reinheim oder 14 % in Mörfelden, spielt aber bundesweit keine große Rolle.

Die Urbane. Eine HipHop Partei fokussiert sich nicht hauptsächlich auf antikapitalistische Themen, sondern eher antikolonialistisch und antirassistisch, wobei aber auch soziale Forderungen gestellt werden, aber nicht das Überwinden des Systems o. Ä. Sie wurde 2017 gegründet und hat selbst in Berlin nur 0,2 % der Stimmen erreicht, wird also vermutlich bundesweit keinerlei Rolle spielen.

Sozialistische Gleichheitspartei, Vierte Internationale ist die kleinste der linken Parteien und sieht sich als trotzkistisch. Aktuell läuft ihre Klage gegen die Einstufung des Verfassungsschutzes als linksextremistisch. Sie setzt stark auf internationale Arbeit und wurde 1971 gegründet. In der DDR war sie erst ab 1989 aktiv und spielte vor wie nach der Wiedervereinigung nie eine große Rolle. Ihre besten Wahlergebnisse bei bundesweiten Wahlen liegen bei 0,03 %, bei Landtagswahlen bei 0,13 %, was allgemein ihr höchstes Wahlergebnis war.

Abschließend können wir sagen, dass die meisten linken Kleinparteien bundesweit keine große Rolle spielen, aber kommunal (bspw. die MLPD oder DKP) etwas erreichen können. Von den großen Parteien kann man von der SPD und den Grünen leider keinen Antikapitalismus erwarten, und auch bei der Linken ist dies kritisch zu beäugeln.

Weitere Quellen:
der Bundeswahlleiter, Bundestagswahl 2021, Zeit – “Baerbock bezweifelt Regierungsfähigkeit der Linken”, ZDF – “Baerbock geht auf Distanz zu der Linken”, Bundestag Parteienfinanzierung, logo! erklärt Wirecard, Stern zu G20, Linksfraktion zu CumEx, Bundestag Parteispendenliste (und natürlich auch Wikipedia)

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Der Mythos um die „soziale” Marktwirtschaft

Seit 1948 sprechen wir davon, dass in Deutschland die „soziale Marktwirtschaft” eingeführt wurde. Wie Ludwig Erhards gleichnamiges Buch, in dem er das Prinzip der Sozialen Marktwirtschaft beschreibt und für sich beansprucht, soll es in dieser Form der Wirtschaft „Wohlstand für alle” geben. Doch was sagen die Statistiken dazu? Schauen wir uns an, wie der Wohlstand sich etwas nach der Wiedervereinigung (1991) bis 2014 verändert hat, wozu die Bertelsmann-Stiftung eine Studie (hier) durchgeführt hat. Die höchsten Einkommen hatten einen jährlichen Zuwachs um 1,3 %, der durchschnittliche Zuwachs hingegen lag bei 0,6 %, wobei die untersten 40% der Einkommensschicht davon fast gar nichts abbekamen. Es ist sogar so, dass die unteren 18 % Einkommensverluste hinnehmen mussten! Das ist definitiv nicht der “Wohlstand für alle”, von dem Erhard schrieb. Selbst die Bundeszentrale für politische Bildung schreibt (hier) über die soziale Marktwirtschaft, „[sie] ist in der tatsächlichen Ausgestaltung jedoch durch die wirtschaftstheoretischen Vorstellungen des Neoliberalismus […] geprägt”.

Nachdem wir nun den angeblichen „sozialen” Aspekt der „Sozialen Marktwirtschaft” begutachtet haben, kommen wir nun zur Ursprungsgeschichte, und wie die Bundesrepublik Deutschland mit Ludwig Erhard den Begriff fälschlicherweise für sich vereinnahmte.
Als das Ende des Zweiten Weltkriegs eintraf, wurde Deutschland durch die westlichen Alliierten in zwei Teile gespaltet. In Westdeutschland wurde im Juni 1948 die D-Mark eingeführt. Das Finanzvermögen wurde um fast 94 % reduziert, von 10 Reichsmark zu 0,65 D-Mark. Davon profitierten Immobilieneigentümer, Börsenspekulanten oder Unternehmer, wohingegen das einfache Volk, die Sparer, große Verluste hinnehmen mussten. Infolgedessen kam es durch Nachkriegsmangel zu einem Preisanstieg bis zu 200 % für Kleidungsmittel, aber auch Grundnahrungsmittel, eigentlich allem, was der Ottonormalverbraucher brauchte. Anstatt die Preise staatlich zu regulieren, wurden viele Regulierungen sogar aufgehoben! Es kam zu Aufständen, wobei der 28. Oktober 1948 dabei einen ersten Höhepunkt spielen wird. Es versammelten sich über 80.000 Menschen. Deutsche sowie amerikanische Polizisten setzten Tränengas, Bajonette und gesicherte Fahrzeuge ein, um gegen die Demonstranten vorzugehen. Am 12. November 1948 kam es dann zum wahren Höhepunkt. Rund 9 Millionen Menschen in ganz Deutschland starteten den vorerst letzten Generalstreik, obwohl sie nicht mal Geld bekamen, und weniger als 4 Millionen Deutsche in einer Gewerkschaft organisiert waren.
Dies war die Aufruhr, die die deutsche Politik aufweckte, und Erhard und seine Parteikollegen dazu bewegte, ihre Marktwirtschaft zumindest mit den Worten „sozial” anzumalen, es wurden aber auch gewisse Preisbindungen eingeführt.

Ursprünglich verwanden nämlich die SPD, weitere Oppositionelle sowie die Gewerkschafter den Begriff „Soziale Marktwirtschaft” gegen Erhard und Co., als Forderung. Nach dem Generalstreik versuchte Hermann Pünder (CDU), höchster Amtsträger in den Westzonen, das Image zu retten, und sprach davon, dass die Regierung „eine soziale Marktwirtschaft schaffen und betreiben” würde. Auch im ersten Wahlkampf der Bundesrepublik Deutschland eignete sich die CDU wieder fälschlicherweise den Begriff an. Erhard sprach davon, dass „nur die Marktwirtschaft sozial [wäre]”. Ein Vertreter des Arbeitnehmerflügels rettete ihn, indem er vor dem Wort Marktwirtschaft „sozial” zwischen schrie, als Korrektur zu Erhard.

Selbst im Vertrag von Lissabon (hier), einer der wichtigsten, wenn nicht sogar der wichtigste Vertrag der Europäischen Union, ist die Soziale Marktwirtschaft festgeschrieben. Die Vergangenheit wird wieder außer acht gelassen, und wie am Anfang des Artikels erklärt, ist auch die Umsetzung eine reine Lüge.
Doch die Menschen erkennen dies. 77 % der Deutschen sind sich laut einer Statistik des Statista Research Department (hier) bewusst, dass die Marktwirtschaft Arme ärmer macht und Reiche reicher.

Weitere Quellen:
Seniorenbüro Hamburg – Zeitzeugen
taz – 70 Jahre „soziale Marktwirtschaft”
die restlichen Quellen sind im Text unter dem Stichwort (hier) zu finden

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DKP behält Parteistatus

Am 8. Juli entschied der Bundeswahlauschuss mit einer klaren Mehrheit, dass die DKP nicht als Partei anerkannt wird. Dadurch wären überlebenswichtige Steuervergünstigungen und Förderungen weggefallen, ohne die die Partei nicht länger hätte bestehen können, wie wir schon am 9. Juli hier auf unserer Website berichteten.

Wie angekündigt klagte die DKP gegen dieses „Parteiverbot” am 12. Juli am Bundesverfassungsgericht mit Erfolg. Als einzige der 20 Gruppierungen, welche am Bundesverfassungsgericht gegen die Beschlüsse des Bundeswahlauschusses klagten, wurde ihr Einspruch anerkannt. Der Bundeswahlleiter Georg Thiel meinte, der DKP den Parteistatus aberkennen zu können, weil sie mehrere Rechenschaftsberichte zu spät abgegeben hätte. Das Bundesverfassungsgericht widerspricht dem und folgt dabei der Argumentation der DKP, denn ein verspätet abgegebener Bericht ist nicht mit einer Nichtabgabe gleichzusetzen. Die DKP habe außerdem die „Ernsthaftigkeit ihrer Teilnahme am Prozess der politischen Willensbildung nachgewiesen”, dem Bundeswahlleiter hingegen fehlt es an der „Gesamtwürdigung der tatsächlichen Verhältnisse”.

Der Vorsitzende der DKP, Patrik Köbele erklärte dazu: „Das Bundesverfassungsgericht hat heute den Versuch, die Existenz der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) mit bürokratischen Mitteln zu gefährden und ihr die Kandidatur bei den Bundestagswahlen zu verbieten, zurückgewiesen. Die Begründung ist eine schallende Ohrfeige für den Bundeswahlleiter und bestätigt außerdem, dass die DKP eine aktive politische Partei ist, so wird zum Beispiel auf die Kundgebung der DKP zum 80. Jahrestag des Überfalls auf die Sowjetunion verwiesen. Dieser Beschluss ist nicht nur das Ergebnis unserer juristischen und politischen Argumentation, sondern vor allem ein Ergebnis der großen nationalen wie internationalen Solidarität, die wir erfahren haben. Wir bedanken uns dafür von ganzem Herzen!”

Weitere Quellen:
https://www.jungewelt.de/artikel/407548.dkp-gegen-bundeswahlausschuss-kommunisten-siegen-in-karlsruhe.html
https://www.welt.de/politik/deutschland/article232771301/Kommunistische-Partei-DKP-erstreitet-in-Karlsruhe-die-Zulassung-zur-Bundestagswahl.html